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Datum : 22.06.1995
Nr.   : 383
Thema : Gauck / Gysi


Ich stehe zu Gregor Gysi

Frau Bohley und eine Handvoll gutbedienter DDR-Spätdissidenten richten den Frust ihrer selbstverschuldeten Niederlagen gegen Gregor Gysi, dem die Rufmordkollektive Mandantenverrat vorwerfen.

Beweise, die fehlen, werden im Dutzend behauptet. Obwohl Gysis Mandanten durchweg gut wegkamen. Rudolf Bahro sagt das und wird ignoriert. Daß Frau Bohleys luxuriöses Exil in Großbritannien mit der Bitte an ihren Anwalt Gysi endete, er möge sie vom Prager Flughafen abholen und in die DDR zurückbegleiten, was die Stasi verhindern wollte - es ist vergessen.

Die unwahrhaftige Haltung zu Gysi hat Gründe:

1. Was gegen Stolpe mißlang, soll gegen Gysi nachgeholt werden. Den Hoffnungsträger Modrow hat man auch schon kleinzukriegen versucht.

2. Mit Gysi soll die Erneuerungsfähigkeit der PDS getroffen werden. Darüber hinaus geht es gegen alle DDR-Bürger, denen Minderwertigkeitsgefühle und Scham eingeredet werden.

Soweit Gysi als Anwalt innerhalb der DDR-Rechtsordnung blieb, wird ihm mangelnde Opposition vorgeworfen. Soweit Gysi seinen Mandanten optimal half, werden daraus Verratsvorwürfe konstruiert.

3. Hitlers Kinder rächen sich an Hitlers Opfern. Der Delinquent entstammt einer kommunistisch-jüdischen Familie, die 18 Verwandte im Dritten Reich verlor. Der Kampf geht weiter. Das intrigante Zusammenspiel von Gauck, Bohley und rechten Bundestagsausschußmitgliedern weist, wie Stefan Heym bereits anmerkte, Parallelen zur Affäre Dreyfus auf. Wir werden die Umtriebe protokollieren für die nächste Wende. Sie kommt gewiß in diesem wendereichen Zeitalter.

4. Ein persönliches Nachwort: Über 30 Jahre hin bis 1989 solidarisierte ich mich ungezählte Male mit den Opfern der Diktaturen. Meine Stasi-Akte ist 33 Jahre lang. Heute nach dieser unfairen Wende solidarisiere ich mich mit den jetzt Benachteiligten im Osten und besonders mit der PDS.

Es waren Kommunisten, die unter Hitler und Stalin die meisten Opfer bringen mußten. Auch unter Ulbricht und Honecker. Leo Bauer wurde noch zum Tode verurteilt, Harich zu 10 Jahren, Janka zu 5 Jahren Haft. Diese Genossen besitzen das Erstgeburtsrecht der Opposition. Nicht jene paranoiden Revolutionsparodisten, die erst auf Gospodin Gorbatschows Genehmigung warteten, um sich unterm Kirchendach hervorzuwagen. Ihr Rachegeschrei ist bloße Anmaßung. Was wiegt Bohleys britisches Exil gegen die Verfolgung unseres Genossen Paul Merker. Die jetzt von staatstreuen BRD-Medien als lebenslange Bürgerrechtler gehandelten Spätlinge widerrufen mit ihren Anklagen nur noch den letzten Rest ihrer guten, wenn auch kleinen Vergangenheit.

Ich stehe zu Gregor Gysi und hoffe, er hält durch gegen die zur Büchse der Pandora gewordene Gauck-Behörde. Entweder wir verschließen sie oder öffnen die westlichen Geheimakten. Der jetzige Zustand verstößt gegen die grundgesetzliche Gleichheit aller Bürger.

Gerhard Zwerenz

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