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Datum : 11.11.1996
Nr.   : 1234
Thema : Stasi / Gysi


Neue Unterlagen der Gauck-Behörde entlasten Gregor Gysi

Der Pressesprecher der PDS-Bundestagsgruppe, Jürgen Reents, teilt mit:

In der Sitzung des Immunitätsausschusses des Bundestages vom 7.11.1996 überreichte Dr. Busse von der Gauck-Behörde neue Unterlagen zu Gregor Gysi. Zur Übergabe kam es offenbar nur, weil Abgeordnete des Ausschusses bei ihrer Akteneinsicht zufällig auf diese Dokumente gestoßen waren. Die neuen Unterlagen tragen ausschließlich entlastenden Charakter. Die gegenteiligen Ankündigungen im »Spiegel« der vorigen Woche und in der »Berliner Zeitung« waren Wunsch, nicht Realität.

Zum einen handelt es sich um eine Empfehlung des MfS an den Generalstaatsanwalt der DDR, wie dieser eine an ihn gerichtete Eingabe von Gregor Gysi für seinen Mandanten Robert Havemann behandeln solle. Eine überflüssige Aktion, wenn das MfS Gregor Gysi direkt hätte instruieren können.

Die restlichen Unterlagen sind Auswertungsberichte von Telefonmitschnitten des MfS. Aus ihnen ergibt sich der Inhalt von Telefonaten, die Gregor Gysi und andere mit der Nachbarin von Robert Havemann oder ihm selbst über deren Telefon führten. (Robert Havemann war sein Telefon entzogen worden, er konnte nur über seine Nachbarn telefonisch erreicht werden.)

Bemerkenswert ist ein Bericht vom 29.8.1980 über ein Telefongespräch von Gregor Gysi mit Robert Havemann vom Vortag (28.8.1980). Die geschiedene Ehefrau von Robert Havemann wollte ein ihr auf dem Grundstück von Robert Havemann vermeintlich gehörendes Holzhaus an Dritte verkaufen - wie man heute weiß, an einen vom MfS ausgesuchten »Kaufinteressenten«. Robert Havemann wollte dies mit Hilfe von Gregor Gysi verhindern. In dem Telefonbericht vom 29.8.1980 wurde wiedergegeben, daß Gregor Gysi Robert Havemann gegenüber den Standpunkt vertrat, daß dessen geschiedene Ehefrau gar nicht Eigentümerin des Holzhauses sei, und wenn doch, das Holzhaus dann als bewegliche Sache gelte. Sie könne es abbauen lassen, Robert Havemann solle aber weder einen Taxator, noch einem Kaufinteressenten den Zutritt zu seinem Grundstück gestatten. Gregor Gysi befürchtete nämlich schon damals, daß das MfS hinter dem plötzlichen Verkaufsinteresse stehen würde (13 Jahre nach der Ehescheidung), um sich so einen Beobachtungspunkt direkt auf dem Grundstück von Robert Havemann zu schaffen.

Die Bedeutung dieses wiedergegebenen Telefongespräches besteht darin, daß Gregor Gysi seit Jahren ein schriftlicher Bericht vom 23.7.1980 über ein am 21.7.1980 mit Robert Havemann in dessen Haus geführtes Gespräch als schwer belastend vorgehalten wird. Dieser Bericht trägt die Quellenbezeichnung »Gregor«. Am Schluß wird in der »Ich-Form« der Rechtsstandpunkt des »Gregor« zum Holzhaus dergestalt wiedergegeben, daß Robert Havemann einem Taxator und auch Kaufinteressenten, wenn diese mit seiner geschiedenen Ehefrau erscheinen würden, den Zutritt zu seinem Grundstück gestatten müsse.

Gregor Gysi hat stets erklärt, daß sein Rechtsstandpunkt ein gegenteiliger gewesen sei und er Robert Havemann auch gegenteilig beraten hätte. Belegen konnte er dies nicht, was »Spiegel«, »Berliner Zeitung« und andere genüßlich ausnutzten. Durch den Telefonmitschnitt ist es jetzt jedoch bewiesen. Gregor Gysi scheidet damit nicht nur als Quelle des Berichtes vom 23.7.1980 aus, sondern es wird zugleich klar, daß er Robert Havemann gegen den Rechtsstandpunkt und gegen die Interessen des MfS vertrat - und keineswegs umgekehrt. Im übrigen ist es u.a. wegen des juristischen Beistands Gregor Gysis für Robert Havemann auch nie gelungen, daß das auf dessen Grundstück befindliche Holzhaus durch Fremde genutzt werden konnte.

Viel wäre Gregor Gysi allerdings erspart geblieben, wenn die Gauck-Behörde 1992 nicht nur selektiv den einen Bericht den Medien zugespielt hätte, sondern auch den Telefonmitschnitt. Erst vier Jahre später stellte sie ihn wenig freiwillig zur Verfügung.

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